11. Hersfelder Straßennamen

Welche Bedeutung das Handwerk letztendlich in Hersfeld hatte, erkennt man noch deutlich an vielen Namen der Straßen und Gassen der Innenstadt. In ihnen ist noch heute sichtbar, was jeweils vor Ort geschah, wie die Menschen früher dachten, arbeiteten und lebten. Die Löhrgasse wird seit dem Jahre 1365 so genannt und erinnert an die seit dem 13. Jahrhundert dort ansässigen Löher, die Gerber, welche mit Gerberlohe das Leder gerbten. Lohe war (meistens) gemahlene Eichenrinde. Die kurze Sraße Unter den Hütten, Nebengasse des "alten Marktes" vor dem Rathaus, war der Ort, wo die Hütten der Metzger (Fleischhütten) standen, in denen sie ihre Fleischwaren feilboten. Diese „Fleischhütten“ sind noch in einem Stadtplan vom Jahre 1700 eingezeichnet. Wahrscheinlich am Anfang des 13. Jahrhunderts kamen wegen Übervölkerung und allerlei Kriegsnöte vertriebene Tuchweber aus Friesland und Flandern in unsere Stadt, wo sich innerhalb der Stadt vor dem Frauentor eine flämische Kolonie gebildet haben mag. Sie gewannen bald bei ihren Handwerksgenossen so großen Einfluss, dass die Wollweber in den Urkunden kurz die Fleminge genannt wurden. Zwischen Klaus- und Frauentor mögen sie wohl ihre Stoffe zur Bleiche ausgelegt und ihre Spannrahmen aufgestellt haben. An diese Flamen erinnert noch heute der Flurname „Hinter den Flehmen“ und der Vlämenweg. Der Name Webergasse erklärt sich von selbst. Bei dem Namen Wallengasse ist es schon schwerer. Er ist möglicherwise von den Walkern abzuleiten, die das feuchte Wollgewebe zur Verfilzung der Wollhaare durchkneteten. Da sie aber neben der Webergasse liegt, ist eine solche Deutung nicht unberechtigt. Wilhelm Schoof ist anderer Meinung. Er schreibt, es sei wahrscheinlicher, dass die Wallengasse nach einem angesehenen Patrizier namens Dominus Lodevicus Walde benannt worden sei. „Ludwig Walde lebte im 14. Jahrhundert in Hersfeld und hatte sein Haus und seine Hofstätte am Neumarkt an der Ecke der Wallengasse. Aber wer weiß schon was der Name Rennhöfchen bedeutet? Aufgrund des Bedarfes an Wasser für ihr Gewerbe siedelten die schon erwähnten flämischen Tuchmacher in Hersfeld nach der Geis hin. Dort erinnert noch der Straßennamen „Rennhöfchen“, einer Nebengasse zur Unteren Frauenstraße, an den „Rahmhof“ (Rahmenhof), das Zunfthaus der Tuchmacher, und den Platz für die Tuchrahmen.




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